Ponte die Veja

Im Reich der Feuersteine - Monti Lessini - Monte Baldo

Diese Exkursion führt uns am ersten Tag auf das Plateau der Monti Lessini nördlich von Verona zum "Ponte di Vejo" und am zweiten Tag auf die Ostflanke des Monte Bondone nach San Valentino. Ziel sind die bekannten Silex-Aufschlüsse dieser Region, die in historischen Zeiten eine wichtige Bedeutung im Handel der Feuersteine hatten. Sowohl beim Ponte di Veja als auch auf der Ostflanke  des Monte Baldo reichliche Aufschlüsse des sogenannten "Biancone".

Zuerst wollen wir uns die geologische Situation der Gesteine im besuchten Gebiet in Erinnerung bringen:

Geologie der Trento-Plattform 

Gegen das Ende der Trias (252 - 201  mya) beginnt der Superkontinent Pangaea zu zerfallen, Gondwana sich von Eurasia abzutrennen. Die seichten Meeresbereiche in dem uns interessierenden Raum (Dolomiten und Venetien) gehen über in ein Flachwasser-Meer mit typisch marinem Klima, feucht und heiß. Hier lagern sich die Karbonate ab, die heute als „Trento-Plattform“ bezeichnet werden und den weitverbreiteten Hauptdolomit bilden. Diese plattentektonischen Vorgänge dauern ca. 50 Ma bis ins Zeitalter des Jura hinein. So ist das Jura eine geologisch sehr unruhige Zeit: Größere Plattformen zerbrechen; Teile dovon Kippen und während die eine Seite unter das Meeres-Niveau versinkt erhebt sich die gegenüber liegende über den Meeresspiegel und es setzt subaerische Erosion mit darauf folgender Sedimentation ein. Die Subsidenz-Phasen werden durch reichliche Sedimentation der „Grauen Kalke“ (Calcari grigi) ausgeglichen, so dass sich Überflutungs- und Austrocknungs- Phasen auf der absinkenden Karbonatplattform abwechseln. Schon ab dem  Unterjura  (201 - 174 mya) kommt es zu einer fortschreitenden Absenkung der Bereiche rund um die Trento-Plattform, wodurch sich im W das Lombardische- und im Osten das Belluno-Becken bilden. Auf dem westlichen Teil der Trento-Plattform werden im Oberjura (163 - 145 mya) sehr dünne Kalkschlamm Schichten sedimentiert. Diese Schichten sind heute als „Biancone“ aufgeschlossen : charakteristisch für diese sind die weiß-graue Farbe und die reichlich vorhandenen Silex-Einschaltungen. Der Meeresboden sinkt immer tiefer und auf die abgelagerten Schichten der Grauen Kalke folgt der „Rosso Ammonitico“ in einem schon tiefen Meer. Die im Rosso Ammonitico vorhandenen Fossilien sind Cephalopoda (besonders zahlreich die Ammoniten),  Belemniten und Branchiopoda u.v.m.. Zusammenfassend stellen wir also fest, dass die Gesteine die wir bei der hier beschriebenen und durch Bilder ergänzten Exkursion zu sehen bekommen, im Großen und Ganzen im Jura ( 200 bis 145 mya) entstanden sind.

Es sei daran erinnert, dass die Gesteine , die im Jura gebildet wurden und heute für uns sichtbar sind, erst viel später durch die Kollisionstektonik zwischen der Afrikanischen- und der Europäischen Kontinentalplatten wieder an die Erdoberfläche gelangt sind ( Alpidische Orogenese, 120 – 30 mya).

 Eine einfache Darstellung zur Entstehung der Alpen findet man bei folgendem Link:

https://www.geologie.ac.at/rocky-austria/gebirgsbildung 

Romagnano Loc

 Da sich auf unserem Weg in die Welt der Geologie im Etschtal eine interessante archeologische Fundstätte befindet, wollen wir auch dort vorbeischauen. Etwa 6 Km südlich von Trento, im Etschtal am Fuß des Monte Bondone, wurde zwischen 1968 und 1971 unter einem Felsdach am Ufer des Flusses Etsch (Fiume Adige) ein Schwemmkegel entdeckt, der als Siedlungsplatz von Menschen vom 8.ten bis zum 1.ten Jahrtausend vor Christus  gedient hat (mittlere Steinzeit (8000-4500 v.Chr.) bis in die ältere Eisenzeit ( 900 - 500 v.Chr.). Die ältesten Funde aus der tiefsten Kulturschicht stammen von Jägern und Sammlern der mittleren Steinzeit (8000-4500 v.Chr.). In höheren Schichten hat man Spuren frühneolithischer Menschen (4500-4000 v.Chr.) gefunden. Höhere Schichten enthalten menschliche Spuren von der Bronzezeit bis in die Eisenzeit (500 v.Chr.)

Mehr zu dieser archeologischen Kulturstätte  (italienisch) erfährt man  hier.

Museo di Sant'Anna d'Alfaedo

Vom Dorf Rivalta im Etschtal geht es an der Ostseite des Tales in steilen Kehren hinauf auf die Hochfläche der Monti Lessini ( das Gebiet nördlich von Verona) und über Fosse zum Prähistorischen und paläontologischen Museum S.Anna d'Alfaedo. (Bild 5)

 Im Museum befinden sich unter anderem ein über 6 Meter langes Haifossil, eine über 70 Millionen Jahre alte Meeresschildkröte und zahlreiche prähistorische Funde aus der Eisen- und Bronzezeit der Region. Eine Vitrine ist dem mittleren Paleolithikum ( 120 - 36 mya ) mit Fundstücken aus den Monti Lessini gewidmet. Es ist die Zeit in der hier der Neanderthaler gelebt hat. Aus der Zeit zwischen 100 und 80 mya stammt auch das in Bild 16 gezeigte Silex Werkstück "Levallois". Andere Vitrinen enthalten Objekte aus der 2.Periode des Paleolithikums (36 - 10 mya) mit Fundstücken die von Homo Sapiens stammen: bearbeitete Knochen und Hörner von Tieren. Beachtlich sind auch die Fundstücke von den zahlreichen  Werkstätten in denen Werkzeuge aus dem in diesem Gebiet so verbreitetem und in ausgezeichneter Qualität vorhandenem Silex-Gestein hergestellt wurden.
Für geologisch Interessierte gibt es an Hand verständlich und in guter Qualität ausgeführter Plakate und Profile eine Darstellung der lokalen Geologie.

Ponte di Veja

Von Sant'Anna d'Alfaedo zum Ponte di Veja sind es nur wenige Kilometer (siehe Bild 5).

Die Brücke ist vor ca. 120 bis 80 mya entstanden, als die Decke einer großen Karsthöhle einstürzte. Die Brücke ist auf der NE-Seite ca. 50 m lang, 23 m hoch, 11 m dick und bis zu 22 m breit. In der Umgebung der Brücke gibt es mehrere Karst-Höhlen, in denen Archeologen Steinartefakte und Knochenwerkzeuge aus der Kultur der Neanderthaler gefunden haben.
Noch ein paar Worte zum Silex, englisch "Chert", deutsch "Hornstein":  Hornstein ist ein allgemein sedimentär oder diagenetisch entstandenes Gestein aus Kieselsäure. Er  bildet sich wie Feuerstein in Kalksteinen als ovale oder unregelmäßig geformte Knollen aber auch in unregelmäßigen Lagen und Platten;  dabei wird CaCO3 durch SiO2 verdrängt. Bei der Bildung im marinem Milieau durch Ausflockung werden auch biogene Anteile in Form von Foraminiferen, Schwämmen u.s.w. in den Hornstein eingebettet. Wichtig sind die Eigenschaften des Hornsteins: das Gestein ist sehr hart und bricht muschelförmig und ist daher zur Herstellung von Werkzeugen, Pfeil-und Speerspitzen sehr geeignet. Der Abbau des Hornsteins hat hier hauptsächlich im mittleren Paleolithikum aber auch noch im Neolithikum stattgefunden.

Biancone am Monte Baldo

Der Biancone wird in zwei Formationen unterteilt: die "Scaglia Variegata" ist der obere Bereich, die "Scaglia Rossa" der untere Bereich der Biancone Formation.
Scaglia Variegata: an der Bassis liegen feinkörnige geschichtete weiße oder graue in Mergel eingelagerte Kalke mit einer Dicke  von 20 bis 30 cm, die am Meeresgrund entstanden sind. Eingebettet sind rote oder graue Silex-Knollen oder Silex-Lagen; es kommen auch  Radiolarien und Foraminiferen vor (BOSELLINI E AL., 1978).
Scaglia Rossa: auch diese Kalke sind mehr oder weniger mergelig, rot oder weiss mit eingelagerten roten oder weissen  Silex- Horizonten und Knollen. Reichlich vorhanden sind planktonische Foraminiferen. Die rote Färbung der Megel ist auf das Vorhandensein  von Limonit (hydratisierte Eisenoxide). (BOSELLINI E AL., 1978) zurück zu führen.

Bei Avio im Etschtal geht es an der Ostseite des Monte Baldo auf der strada provinciale SP 208 in vielen Kehren hinauf zur "Diga Lago Pra da Stua" (Stausee).
Noch vor Erreichen eines grösseren Parkplatzes sieht man durch ein Gitter hindurch die Kalke des Biancone mit eingelagerten grauen Silex-Knauern (Bilder 23, 24). Einige Meter weiter zweigt knapp unter der Staumauer rechter Hand die SP230 ab; hier befindet sich ein schöner Aufschluss von Biancone-Kalken mit einem 20 bis 30 cm starken gelb-roten bis roten Silexband (Bild 25 und 26).
Wir fahren dann auf der SP 208 am der Staumauer vorbei weiter bis zum Hotel Sole del Baldo im Ort San Valentino. Von hier erreicht man nach ca. 1 Km einen schönen Aufschluss mit schönen Bänken der "Scaglia Rossa" (Bilder 27 bis 30).

Abschied von den Biancone-Felsbändern am Monte Baldo